Wartesemester – Durch Geduld zum Studienplatz

Geduldig sein

Darum geht's

Wenn Ihr ein besonders beliebtes Fach wie Medizin oder Psychologie studieren wollt, dann gehört Ihr sicher zu den Leidgeprüften, die über die aktuell besonders hohen Zugangshürden stöhnen.
Da einerseits die Abiturienten nun nicht mehr zur Bundeswehr oder zum Zivildienst müssen und andererseits in vielen Bundesländern die Zwölft- und Dreizehntklässler gleichzeitig Abitur machen, bewerben sich momentan an den Universitäten so viele junge Menschen wie nie zuvor.
Die beliebten Fächer trifft es da natürlich besonders hart: Nach Worten eines Studienberaters muss man für ein Medizinstudium an der Uni Münster momentan einen Notendurchschnitt von 1,0 vorweisen können.
20 Prozent für Kandidaten mit Wartezeit
Doch die Abinote ist nur für ein Fünftel aller Studienplätze ausschlaggebend: 20 Prozent aller Plätze in zulassungsbeschränkten Studiengängen werden an Bewerber mit langer Wartezeit vergeben.
Eure Wartezeit ermittelt Ihr, indem Ihr zählt, wie viele Semester seit dem Abitur vergangen sind, und davon die so genannten Parkstudienzeiten abzieht. Das sind Semester, in denen Ihr an einer deutschen Uni oder Fachhochschule eingeschrieben wart. Achtung: auch, wenn Ihr in Wirklichkeit nie einen Hörsaal von innen gesehen habt oder sogar offiziell beurlaubt wart, gilt dies als Studium.

Ausbildung als Wartesemester anrechnen lassen

Ihr dürft Euch also nicht einfach für ein anderes Fach einschreiben. Wenn Ihr auf die Wartesemesterregelung setzt, solltet Ihr besser in der Zwischenzeit eine Ausbildung absolvieren – logischerweise eine, die nützlich für Euer angestrebtes Studienfach ist: Zahnmedizinstudenten, die in der Wartezeit eine Lehre als Zahntechniker durchlaufen hatten, berichten etwa, dass ihnen die praktischen Inhalte des Studiums anschließend wesentlich leichter fielen.

Auswege und Ausnahmen

Alternativ könnt Ihr auch an einer Berufsakademie oder im Ausland studieren. Ihr solltet Euch allerdings in diesem Fall von der Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) schriftlich versichern lassen, dass Eure Studienzeit an der Berufsakademie oder an der ausländischen Hochschule auch tatsächlich als Wartesemester angerechnet wird.
Die Stiftung für Hochschulzulassung vergibt bundesweit die Studienplätze in den Fächern Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie und auf Antrag von Hochschulen auch die Studienplätze in einigen anderen Fächern. Ihr findet sie im Internet unter hochschulstart.de
Wenn Ihr ein Fach studieren möchtet, für das die Hochschulen die Studienplätze selbst vergeben, solltet Ihr Euch ebenfalls unbedingt nach Ausnahmen erkundigen: Schleswig-holsteinische Unis etwa dürfen ein Studium an Hochschulen der Europäischen Union nicht mehr als Wartesemester anerkennen.

„G8“ trifft die Realität

Wartesemester sind sozusagen die absurde Kehrseite des achtjährigen Gymnasiums: Auf der einen Seite sollen die Schüler dank „G8“ ein Jahr weniger Zeit bis zum Abitur haben, damit sie schnell studieren können. Auf der anderen Seite gibt es nicht genug Studienplätze, und viele Abiturienten müssen daher ohnehin warten. Wenn Ihr nun allerdings in der Zwischenzeit eine sinnvolle Ausbildung durchlauft, habt Ihr aus dieser Absurdität noch das Beste gemacht.

Wartesemesterzahl als Richtwert

Übrigens legen die Länder die Wartezeiten nicht willkürlich fest – wenn Ihr lest, dass man für ein Fach zehn Semester Wartezeit mitbringen muss, haben die Hochschulen nicht die Zahl zehn ausgewürfelt. Die Hochschulen legen vielmehr fest, wie viele Studienplätze sie vergeben. Die Bewerber werden dann in eine Rangfolge gebracht, bei der die mit den meisten Wartesemestern zuerst an die Reihe kommen. Wenn der, der den letzten Studienplatz bekommen hat, zuvor zehn Semester gewartet hatte, spricht man davon, dass man für dieses Fach zehn Wartesemester braucht. Die Zahl schwankt daher logischerweise von Jahr zu Jahr – sie dient als Richtwert, kann aber im folgenden Jahr schon wieder ganz anders sein.

Das Parkstudium – eine Alternative?

Zeit überbrücken, bis dein Wunschstudiengangplatz frei ist? Dies ist auch mit dem sogenannten Parkstudium möglich. Du schreibst dich zwar als Student ein, nimmst aber an keinen Vorlesungen teil. Oder du studierst so lange einen alternativen Studiengang, bis du zu deinem Wunschstudienplatz zugelassen wirst. Dadurch ergeben sich Vor- und ggf. auch Nachteile für dich.