Deutschland gilt als eines der beliebtesten Studienländer der Welt. Rund 300.000 ausländische Studenten können an deutschen Hochschulen gezählt werden. Möglich machen dies Studien- und Stipendienprogramme wie „STIBET“, das jährlich mit 7,5 Mio. Euro vom Auswärtigen Amt gefördert wird. Deutschland hat ein wissenschaftliches, außenpolitisches und nicht zuletzt auch wirtschaftliches Interesse an einer liberalen Studienpolitik.
Laut einer Umfrage des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) kommen ausländische Studenten vor allem aufgrund der Qualität von Bildung und Forschung in die Bundesrepublik. Doch auch die niedrigen Gesamtkosten für Lebensunterhalt und Studium sowie die hervorragenden Beratungsleistungen sowie modernen Lern- und Lehrmethoden werden als Gründe angeführt. Wie aber sieht es bei deutschen Studenten und Auslandssemestern aus?
Auch viele deutsche Studenten treten jedes Jahr den Weg zu einer internationalen Universität an; müssen sich dort wie ausländische Studenten in Deutschland mit Wohnungssuche, Behördengängen und natürlich einer fremden Sprache beschäftigen. Das Erlernen bzw. die Festigung einer Fremdsprache ist für viele Studenten der zentrale Grund, ein Auslandssemester zu absolvieren. Doch welche Vorteile bringt ein Auslandsaufenthalt während des Studiums noch mit?
Abenteuer, Sprache lernen, Jobchancen verbessern – Studenten haben klare Ziele
Treten deutsche Studenten den Gang ins Ausland an, so haben sie sehr klare Vorstellungen von ihrem Auslandsaufenthalt und definieren ihre Ziele sehr konkret. Dies ergab eine Studie des DAAD. Vor allem möchten Studierende eine fremde Sprache im Ausland erlernen. 70 Prozent gaben das Erlernen der Landessprache als wichtigsten Beweggrund für ihren Auslandsaufenthalt an. 60 Prozent meinen, dass sich ein Auslandssemester besonders gut im Lebenslauf mache. Doch es gibt noch ganz andere Gründe für deutsche Studenten, sich um einen kurz- oder längerfristigen Studienplatz an nicht-deutschen Universitäten zu bemühen.
Gründe für ein internationales Studium
Spezialisierung
Wem ein fachliches Interesse leitet, der sucht seine Universität nicht nach dem Reiseland aus, sondern ordnet das Zielland seinem Studienvorhaben unter. Online können sich Studenten mittlerweile bei fast allen Universitäten über das Vorlesungsverzeichnis informieren. Besonders beliebt sind amerikanische und englische Elite-Unis wie Harvard, Yale oder Oxford, allerdings sind die Plätze begrenzt und sehr begehrt, die Studiengebühren hoch und es werden hervorragende Noten und Englischkenntnisse verlangt. Ohnehin sollten Auslandsreisende die Landessprache bereits sehr gut sprechen und verstehen, andernfalls wird es mit der fachlichen Spezialisierung schwierig.
Pro:
- Möglichkeit, bei renommierten Professoren aus dem eigenen Fachgebiet zu studieren
- Kennenlernen neuer Teilgebiete des eigenen Fachs
Contra:
- Gute Universitäten sind sehr beliebt, Plätze rar gesät und sehr teuer
- Hervorragende Sprachkenntnis muss vorhanden sein
Feiern
Tatsächlich geben viele Studenten den Wunsch nach ausgelassenem Feiern und langen Party-Nächten an, warum es sie ins Ausland zieht. Ganz so einfach ist es am Ende dann aber doch nicht: Auf spanischen Universitäten beispielsweise gilt mitunter Anwesenheitspflicht und französische Studenten haben nur selten Semesterferien. Bei Auslandssemestern, die von der heimischen Universität als verpflichtend eingestuft werden, müssen Studenten teils sogar eine gewisse Anzahl an Leistungspunkten erzielen. Partywütige Studenten tun in solchen Fällen gut daran, vorab das Kursverzeichnis zu überprüfen. Denn in manchen Kursen lassen sich mit relativ geringem Aufwand fleißig Punkte sammeln. So bleibt dann genug Zeit für ausschweifende Party-Nächte.
Pro:
- Feiern in den besten Party-Metropolen der Welt
- Neue Bekanntschaften im Ausland knüpfen
Contra:
- Kein Studienmehrwert
Sprache lernen
Auslandssemester bieten vielen Studenten die hervorragende Möglichkeit, eine neue oder bereits zum Teil bewältige Sprache zu vertiefen, besser sprechen oder verstehen zu lernen. Allerdings sind Auslandssemester auf einige Monate begrenzt. Wer sein Sprachniveau tatsächlich verbessern möchte, muss motiviert und darf vor allem nicht schüchtern oder unsicher sein. Denn nur über soziale Interaktionen im Ausland und der Kommunikation mit Einheimischen erlernt man die Landessprache.
Pro:
- Perfekt geeignet, um eigenes Sprachniveau zu verbessern
- Schneller Fortschritt beim Erlernen einer fremden Sprache
- Stärkt soziale Kompetenz
Contra:
- Kürze des Auslandssemesters erfordert hohe Sprachmotivation
- Schüchterne bzw. zurückhaltende Studenten haben es schwer
Lebenslauf aufbessern / Auslandspraktikum absolvieren
Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) fand heraus, dass ein Auslandssemester die Chancen erhöht, einmal einen Arbeitsplatz im Ausland zu ergattern. 85 Prozent aller Studierenden konnten im Ausland bei den Unternehmen einen Arbeitsplatz finden, bei denen sie zuvor ein Praktikum absolvierten. Allerdings müssen sich Studenten in der Regel selbst auf die Suche nach internationalen Unternehmen machen, mit denen in Kontakt treten und dabei sicherstellen, dass sie dort auch Studieninhalte in der Praxis anwenden können. Besonders schwierig wird es, wenn das Praktikum nicht bezahlt wird. Eigeninitiative und finanzielle Flexibilität sind Grundvoraussetzung für denjenigen, der mit einem Auslandsaufenthalt und zugehörigem Praktikum seinen Lebenslauf aufbessern möchte.
Pro:
- Bessere Chancen, nach dem Studium einen Arbeitsplatz im Ausland zu erhalten
- Studieninhalte können in der Praxis erprobt werden
Contra:
- Erfordert hohe Eigeninitiative des Studenten
- Nur wenige Auslandspraktika sind bezahlt
Abenteuer- und Reiselust
Wer gerne reist und sein Studium nutzen möchte, um ferne Länder zu sehen, für die direkt nach dem Studium Zeit und Geld fehlen, der hat meist über Stipendien oder ähnliche Fördergelder die Möglichkeit, zu Universitäten in die Karibik, ins eisige Russland oder ferne Japan zu reisen. Mitunter bemühen sich Hochschulen aus dem Ausland sogar eigenständig um deutsche Studenten, so werden Studienplätze zum Beispiel über die japanische Botschaft ausgeschrieben. In der Regel gilt für studentische Abenteuerreisen jedoch: Je entfernter und unbekannter die Universität, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die eigene Hochschule mit der Uni kooperiert. Auch in diesen Fällen ist also Eigeninitiative der Studenten und mitunter das gewisse Kleingeld erforderlich
Pro:
- Attraktive Reiseziele erkunden, die Abenteuerlust und Studium verbinden
- Gegebenenfalls finanzielle Unterstützung durch die Ziel-Unis
Contra:
- Erfordert Eigeninitiative hinsichtlich Planung und Umsetzung
- Ferne Universitäten kooperieren selten mit heimischen Hochschulen
Infografik: Auslandsstudium
So gelangen deutsche Studenten ins Ausland
Für deutsche Studenten gibt es zahlreiche Möglichkeiten, das eigene Studium zumindest teilweise an einer internationalen Universität zu absolvieren. Das A und O ist aber eine fundierte Vorbereitung. Auslandsprogramme gibt es für fast alle Länder, wer sich gezielt informiert, hat beste Chancen, seinen Studienaufenthalt im Ausland erfolgreich zu bestreiten und formulierte Zielsetzungen auch tatsächlich zu erreichen. Bei der Umsetzung des studienbezogenen Auslandsaufenthalts gibt es ebenfalls vielseitige Optionen für Studenten:
- Auslandssemester und Vollstudium: Begonnen wird das Vollstudium an einer deutschen Hochschule. Ein Auslandssemester ist optional wählbar. Außerhalb Deutschlands wird dann nur in Teilzeit, meist für ein oder zwei Semester, studiert. Grundlegende Kenntnisse erwerben Studenten an der heimischen, deutschen Universität, bevor sie im Ausland eine Vertiefung in ihrem Fachgebiet anstreben. Die Vorbereitungszeit liegt meist bei circa einem Jahr. Rechtzeitig sollten sich Studenten auch um die Finanzierung kümmern, beispielsweise über das Erasmus-Programm der EU
- Vollstudium im Ausland: In diesem Fall wird das gesamte Studium von Anfang bis Ende auf einer nicht-deutschen Universität absolviert. Studenten sollten daher über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen. Ein Vollstudium im Ausland wird in der Regel nicht von deutschen Geldgebern gefördert, Stipendien sind Mangelware. Zudem sollten sich Studenten vorab informieren, ob Studienabschlüsse auch in Deutschland Gültigkeit besitzen. Gerade Studienfächer aus den Bereichen Medizin und öffentlicher Dienst werden nur bedingt in Deutschland anerkannt.
- Integrierter Studiengang: Bei integrierten Studiengängen sind ein oder mehrere Auslandssemester verbindlich. Deutsche Hochschulen kooperieren in der Regel mit ausländischen Universitäten, wodurch für Studenten ein enormer Planungsaufwand entfällt. Auch werden zumeist keine Studiengebühren erhoben und Studienzeitverzögerungen sind ebenfalls selten. Daher wundert es auch nicht, dass integrierte Studiengänge sehr gefragt sind und daher nur Schülern mit besonders guten Abiturnoten, Fremdsprachenkenntnissen und einmaligen Persönlichkeitsprofilen offenstehen.
Übrigens: Das Auslandsstudium allein um des Auslandsaufenthalts anzutreten ist nicht sinnig. Vor allem bei Ländern, die mehr nach Urlaubsdestination denn nach Studienreise klingen, sind zukünftige Arbeitgeber skeptisch. Studenten sollten daher aufpassen, dass sie im Bewerbungsgespräch gute Gründe anführen können, die die Reise in beliebte Urlaubsländer erklären können.
Stattdessen sind bei großen Unternehmen vor allem Aufenthalte in weniger frequentierten Ländern gefragt. Russland, Asien oder auch Länder, die mit dem potentiellen Arbeitgeber in geschäftlicher Beziehung stehen, sind einer erfolgreichen Bewerbung förderlich und bescheinigen dem Bewerber interkulturelle Kompetenz.
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