Studienabbruch als Krise und Chance

Traurige Frau

Darum geht's

Wenn das Studium bereits vor dem Abschluss endet…

Studieren bis zum bitteren Ende?

Kein Geld, fehlende Lust oder auch einfach keine Chance mehr – es gibt viele gute Gründe, die Uni vor dem Examen zu verlassen.
Die Mehrzahl der Studenten erreicht im Laufe ihres Uni-Lebens den Punkt, an dem ein Studienabbruch ernsthaft zur Debatte steht. Viele Studienabbrecher reagieren dann auf eine besonders interessante Stellenanzeige, machen sich selbständig oder wechseln in eine klassische Berufsausbildung. Gleichzeitig erreichen aber auch immer wieder Studenten ihre persönliche Leistungsgrenze und sind gezwungen, nach Alternativen zu suchen.
Doch obwohl solche Rückschläge schmerzen, ist die Lage für Studienabbrecher bei weitem nicht so dramatisch, wie sie in der Innenperspektive oft aussieht. Auch Studienabbrecher haben Chancen im Beruf!

Studienabbruch – es gibt ein Leben danach!

Das Horrorszenario: Die Eltern schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und haben flink den Taschenrechner bei der Hand, um vorzuführen, was das alles gekostet hat.
Das schlechte Gewissen und die Zukunftssorgen schieben wechselweise Nachtschichten und halten mit regelmäßigen Besuchen den gequälten Abbrecher vom Schlafen ab.
Gut zu wissen, dass es in den meisten Fällen so schlimm nicht kommt. Die Verwandtschaft reagiert meist besser als erwartet und das Ende der beruflichen Karriere ist der Studienabbruch auch nicht mehr. Natürlich macht es sich immer gut, sein Studium erfolgreich zu beenden. Aber immerhin befinden sich Studienabbrecher in viel versprechender Gesellschaft: Bill Gates, Steven Spielberg, Firmengründer Dell, Günther Jauch und viele weitere bekannte Persönlichkeiten haben ihr Studium abgebrochen.

 Mögliche Gründe für einen Studienabbruch:

  • Das Studienfach gestaltet sich anders als vorgestellt.
  • Die Entscheidung für dieses Fach war einfach nur vorschnell und unüberlegt.
  • Die Interessenslage hat sich geändert.
  • Private Gründe zwingen einen zum Abbruch.
  • Die Ansprüche, die gestellt werden, sind doch zu hoch.
  • Eine Exmatrikulation wegen nicht bestandener Klausuren.
  • u.s.w.

Studienabbruch als Massenphänomen

Aber nicht nur das: Auch zahlenmäßig haben die Studienabbrecher gute Argumente auf ihrer Seite. Wenn in Deutschland nach wie vor über 25% der Studierenden ohne Abschluss von der Uni fliehen, kann das nicht nur an jedem Einzelnen liegen.
Die Motive dieser Großgruppe sind sehr gemischt: Finanzielle Engpässe, Wandel der beruflichen Interessen, persönliche Probleme, fehlende Studienleistungen oder schlicht mangelnde Motivation sind laut einer Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) aus dem Jahre 2003 die Hauptgründe für einen Studienabbruch.

Studium abgebrochen- was nun?

Deine Entscheidung – auch wenn sie dir vielleicht durch eine Exmatrikulation abgenommen wurde – war genau richtig. Du hast dich dazu aufgerafft, den zuerst eingeschlagenen Weg zu revidieren. Allen Respekt für deinen mutigen Entschluss!
Nun kannst du dir in Ruhe überlegen, was du stattdessen machen möchtest.

Bekomme ich nach dem Studienabbruch weiterhin Bafög?

Ob du nach dem Studienabbruch noch Anspruch auf eine weitere Unterstützung hast und wenn ja, für wie lange und in welcher Höhe, hängt von mehreren Faktoren ab:
Du solltest dich auf jeden Fall zuerst bei der zuständigen Behörde melden und deinen „Fall“ schildern. Es ist nämlich grundsätzlich möglich, fortlaufende BaföG-Zahlungen für das Folgestudium zu erhalten. Allerdings werden die Zuschüsse für das Erststudium auf das neue Studium angerechnet.Es kann aber auch sein, dass nach der Regelstudienzeit das halbe Darlehen zu einem Volldarlehen umgewandelt wird. Es ist auch unerheblich, ob du während deines Erststudiums BaföG erhalten hast oder nicht – die Studienzeit wird trotzdem darauf angerechnet. Du musst deine Gründe für den Abbruch und das anvisierte neue Studium plausibel darstellen können:
Anerkannte Gründe sind zum Beispiel:

  • ein Konfessionswechsel
  • das Studienfach ist doch zu anspruchsvoll
  • eine Änderung der Weltanschauung

Gründe, die nicht anerkannt werden:

  • finanzielle Schwierigkeiten
  • Zwangsexmatrikulation nach dem 4. Semester

Wer erst nach dem 4. Semester ein anderes Studium beginnen möchte, muss triftige Gründe vorweisen können, wie zum Beispiel:

  • eine neu aufgetretene Erkrankung (Attest)
  • ein Konfessionswechsel

Eine zweite oder weitere Förderung muss in jedem Fall schriftlich beantragt werden.

Studienabbruch und trotzdem Karriere!

Studienabbrecher steuern keineswegs direkt in eine berufliche Sackgasse, denn: Wer überzeugend klar machen kann, dass es sich beim Studienabbruch nicht um eine leichtfertige Entscheidung gehandelt hat, sondern um eine wohl überlegte Kurskorrektur, hat gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Wie so oft im Leben, zählt vielmehr der Grund für die Entscheidung als die Entscheidung selbst!
Die Wahrnehmung familiärer Verpflichtungen und andere Fügungen des Schicksals sind immer anerkannte Anlässe für eine Kurskorrektur. Aber auch mangelnde akademische Leistungen sind ein legitimer Grund, wenn man sie richtig interpretiert: Viele Studiengänge sind schwer theoretisch und haben kaum Praxisbezug. Da kommt schnell die Frage auf, warum man sich das antun sollte.
Wichtig ist, dass deine Argumente schlüssig sind und deutlich wird, dass der Abbruch des Studiums gut durchdacht ist. Auf diese Weise dokumentierst du Entscheidungsfreudigkeit, gepaart mit Verantwortungsgefühl und Weitsicht – Charaktereigenschaften, die bei Personalern gut ankommen.

Studieren ist schwer…

Aber auch wenn es zum angestrebten Studienabschluss leistungsmäßig einfach nicht gereicht hat, brauchst du dich nicht zu verstecken. Jeder Absolvent weiß, wie schwer ein Studium sein kann – im Zweifel auch der Personalarbeiter. Für ihn geht es dann in erster Linie darum, ob du mit dem Scheitern positiv und aktiv umgehen kannst. Hier gilt: Wissen und verstehen wo du eventuell Fehler gemacht hast, aber nicht zu zerknirscht daher kommen, sondern aufgeräumt und zukunftsorientiert weiterplanen. Damit beweist du, dass du auch in schwierigen Situationen bestehen kannst.

Lage von Studienabbrechern bessert sich

Die Lage von Studienabbrechern hat sich außerdem in den vergangenen Jahren generell verbessert. Wegen des Akademikermangels stehen Arbeitgeber in Konkurrenz um gut ausgebildete Arbeitskräfte. Da hat auch ein Studienabbrecher mit Abi in der Tasche gute Karten.
Auf die Lage am Arbeitsmarkt hat auch der Staat reagiert. Die Arbeitsämter haben neuerdings so manche Weiterbildung im Programm, die sich speziell an Ex-Studenten richtet. Damit bieten sich  nach dem Studienabbruch viele Chancen, über beständige, unterstützte Weiterbildung die eigenen Qualifikationen auszubauen.
Eine Alternative kann da auch der Beginn einer Ausbildung sein! Studienaussteiger sind z.B. im Handwerk gern gesehen und haben gute Perspektiven.

Entscheidungshilfen

Wer unzufrieden mit seinem Studium ist, sollte sich zunächst auf die Suche nach den Ursachen begeben. Weil die Entscheidung wichtig und die Situation für potentielle Studienabbrecher komplex ist, hier eine kleine Check-Liste als Entscheidungshilfe:

  • Vielleicht liegt es am Studienfach? Dann ist eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Neigungen angebracht. Wer nach einem Fachwechsel erfolgreich studiert, hat nachher kaum Probleme das auch zu vertreten.
  • Du hast dich schon entschieden? Du bist dir sicher, dass dein Wunschstudiengang ein ganz anderer ist, im Moment ist aber noch kein Studienplatz verfügbar? Dann kannst du dich trotzdem an der Uni einschreiben und ein sogenanntes Parkstudium einlegen. Du kannst damit einige Studentenvorteile nutzen, musst dir der Nachteile aber auch bewusst sein.
  • Sind die Bedingungen der derzeitigen Hochschule schuld? Fehlt der Praxisbezug? In diesen Fällen empfiehlt sich der Wechsel der Hochschule. Für mehr Praxis ist eine Fachhochschule wohl die bessere Studienumgebung. Womöglich ist auch ein direkter Berufseinstieg der richtige Weg. Über Praktika und Trainee-Programme wird der Einstieg ohne Abschluss erleichtert.
  • Eines ist jedenfalls klar: Wer kurz vorm Abschluss ist, sollte sich den Schritt besonders reiflich überlegen. Gerade in dieser Phase zweifeln Studenten häufig an ihren Fähigkeiten. Mitunter kann es schon helfen, sich ein wenig vom Druck zu befreien, indem man die Prüfungstermine entzerrt. Und überhaupt: Die Abschlussprüfungen haben immer schon ganz andere Kaliber geschafft!
  • Beratung ist bei so einer wichtigen Entscheidung das A und O. Die meisten Hochschulen und Arbeitsämter haben mittlerweile sogenannte Career-Center eingerichtet, die sich auf solche Themen spezialisiert haben. Aber auch eine Studienberatung kann helfen. Das Niveau dieser Dienste ist größtenteils erfreulich hoch und die Berater oft gut informiert.
  • Unabhängig von der professionellen Beratung solltest du in jedem Fall mit deinem privaten Umfeld über die anstehende Entscheidung sprechen. Oft fallen Außenstehenden Argumente ein, auf die man selbst nie gekommen wäre. Bei der Gelegenheit kannst du etwaiges Gedanken-Chaos mit einer Pro und Contra Liste bekämpfen. So behältst du einen klaren Kopf.

Tipps und weitere Infos

Selbstverständlich sind Hochschul-Zeugnisse nach wie vor die Basis der Beurteilung von akademischen Bewerbern. Doch auch ohne ein Examen kannst du die erste Hürde bei Personalentscheidern überstehen und zum Gespräch eingeladen werden. Wichtig hierbei ist, dass für das Berufsbild entscheidende Fähigkeiten auch ohne den eventuell geforderten Abschluss nachgewiesen werden können! Wenn du also zum Studienabbruch entschlossen bist, lass dir deine Fähigkeiten verbriefen, wo es möglich ist. Und in der Zeit zwischen Abbruch und Aufbruch kannst du noch den ein oder anderen Kurs an der Uni machen, der deine Qualifikation erweitert, wie z.B. Sprach- oder EDV-Kurse.

Wie erkläre ich bei einer Bewerbung am besten, warum ich mein Studium abgebrochen habe?

Zuerst ist natürlich wichtig, dass du während des Gesprächs mit dem Personaler nicht ins Stottern gerätst, weil du selber ein schlechtes Gewissen wegen des Studienabbruchs hast. Einige wichtige Punkte solltest du beachten, wenn du zum Vorstellungsgespräch eingeladen wirst und der Personalchef diesen Punkt in deinem Lebenslauf anspricht:

  • Vermeide Ausreden wie zum Beispiel, dass äußere Umstände dich zu dem Entschluss gezwungen haben. Du vermittelst damit nur den Eindruck, dass du selber diese  Entscheidung bereust und nicht voll dahinter stehst. Potenzielle Chefs projizieren deinen Entschluss vielleicht auf die spätere Tätigkeit in ihrer Firma. Wer will schon einen Mitarbeiter, der nicht die Verantwortung für seine Entscheidungen übernimmt? Auch vermittelt dieses Rumlavieren den Eindruck, dass du deine Aktionen vorher nicht gründlich genug überlegst.
  • Ein selbstbewusstes aber nicht überhebliches Auftreten ist auch bei einer solchen Frage von Vorteil, schließlich hast du nichts zu verbergen.
  • Du kannst erzählen, dass du erst während deines Studiums gemerkt hast, dass ein anderes Fachgebiet viel mehr deinen Neigungen entspricht.
  • Auch, wenn du wahrheitsgemäß antwortest, dass das Studium dich überfordert hat, muss der Personaler dies nicht auf den angestrebten Job beziehen. Du musst nur gründlich vermitteln können, dass die Anforderungen des Jobs kein Problem für dich darstellen.
  • Ebenso kannst du private Gründe für den Studienabbruch angeben. Wenn du deutlich machst, dass die Probleme nun gelöst sind und keinen Hinderungsgrund für den neuen Job darstellen, ist auch dies kein Problem für den Personaler.

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